Alle Beiträge von Ilona Scheidle

Frauengeschichtskolleg – Vom legendären Objekt und heiligen Vorbild zum autonomen Subjekt

Es gab sie schon immer: Frauen in der Geschichte. Doch was wissen wir wirklich von ihrer gesellschaftlichen Realität und ihrer kulturellen und politischen Rolle, die sie in der Vergangenheit eingenommen haben?

Bilder wie etwa das der kämpferischen Amazonen und der Orakel sprechenden Seherinnen in Delphi, von Herrscherinnen und einigen Künstlerinnen wie auch von wenigen Akteurinnen der Emanzipationsbewegungen tauchen aus dem kulturellen Gedächtnis auf. Viele Namen von unbekannten Frauen auf Grabsteinen aller Friedhöfe werfen hingegen mehr Fragen zu ihrer Geschichte auf, als dass sie Antworten geben.

Stimmen die Bilder, die uns heute so vertraut sind, tatsächlich mit den Fakten vergangener Zeiten überein? Sind es wirklich historische Lücken und nichtwissbare Wissensbestände, die Frauen in der Geschichte auszeichnet?

Forschungen belegen, dass es Bilder und Konstruktionen sind, die uns die Geschichtsschreibung (Historiografie) als eine HIS*story in das kollektive Erinnerungsvermögen eingeschriebenen hat.

Das Kolleg vermittelt Erkenntnisse der Frauen- und Geschlechterforschung. Erfolgreiche, teils kriminalistische Suchbewegungen nach Spuren von Frauen in der Geschichte werden aufgezeigt und ein Panorama von ihrer Geschichte, von HER*story eröffnet.

Mit Längsschnitt und mit Querschnitt stellt der Kurs einen Überblick her, der den zeitlichen Bogen vom Mittelalter bis in die Zeitgeschichte spannt. Biografische Beispiele aus Machtrefugien, Berichte zu Strukturen und Formen weiblicher Emanzipationsbewegungen in Themenfelder von Bildung, Kunst und Kultur werden vorgestellt. Nach Wegbereiterinnen im Parlament, in der Wissenschaft und den Kämpfen um die politische Teilhabe von Frauen wird gefragt und nach Möglichkeiten, Geschichte anders zu schreiben gesucht.

Themen

  1.  Von historischer Größe und unbeschreiblicher Weiblichkeit –
    Großherzogin Luise von Baden, Prinzessin von Preußen (1838 – 1923).
  1. „devotio moderna“ – Religiöse Frauenbewegungen im Mittelalter.
    Von spirituellen Frauen, Nonnen und Beginen
  1. Reformation und Frauen.
    Wunderliches Wunderkind – Frau Professorin Olympia Fulvia Morata?
  1. Barocke Frauen und höfische Herrschaft im Absolutismus:
    Von der ersten Dame im Staat – Elisabeth d’ Orleons – Liselotte von der Pfalz
  1. Frauen im Spital. Vom multifunktionalen Altenheim, Kinderhort, Irren-,Armen- und Krankenhaus zum modernen Pflegezentrum – das Beispiel Lahr.
  1. Weibliche Brief- und Salonkultur.
    „Ins Leben hineingeplumst“ – Salonière Henriette Feuerbach und Kolleginnen
  1. Pionierinnen der Frauenbewegungen als Brot- und Bildungsbewegungen.
  2. „Heraus mit dem Frauenwahlrecht!“.
    Der Internationale Frauenkampftag und der lange Weg zur politischen Teilhabe
  1. Frauen und Frieden.
    Das Frauenwiderstandscamp im Hunsrück – 1983 bis 1994.
  1. Hinein in die Symbolische Ordnung. Frauengeschichte und feministische Interventionen in Geschichts- und Gedenkpolitiken.

Exkursion:
„Großherzogin Luise von Baden“ – Auf den Spuren der Landesfürstin  

1856 bezog Luise von Baden als frisch vermählte Landesfürstin das Karlsruher Schloss. Sie kam als siebzehnjährige preußische Prinzessin und entwickelte sich zur kongenialen Partnerin des regierenden Landesfürsten Großherzog Friedrich I. von Baden. Gemeinsam lenkten sie die Geschicke des Mittelstaates und erarbeiteten sich während ihrer einundfünfzig Jahre währenden Ehegemeinschaft internationale Anerkennung als ein arbeitsames Fürstenpaar.

Als die „alt’ Luis’“ im November 1918 vor den Revolutionstruppen aus dem Barockschloss fliehen musste, erlebte sie das Ende ihrer Weltordnung. Die Großherzogwitwe kehrte erst im Sarg nach Karlsruhe zurück. Hingegen wirkt  ihr Lebenswerk, der Badische Frauenverein und die badische Schwesternschaft vom Roten Kreuz, bis heute – nicht nur in Karlsruhe – als zivilgesellschaftliche Größe fort.

 

Geschichtspolitik -Eingreifen – Kritisieren – Verändern. Praxisbeispiele

Geschichte ist eine veränderliche Angelegenheit. Zwar sind historische Fakten objektiv, doch die Bedeutung, die der Historie geben wird, ist abhängig, etwa von der Perspektive derer, die Geschichte betrachten. Geschichtsbewusstsein ermöglicht, in politische Sphären einzugreifen und „die Geschichte“ auch nach eigenen politischen Interessen zu gestalten.

Bewusste Veränderung von Geschichte zu politischen Zwecken nennt man Geschichtspolitik.

Das Seminar zeigt anhand praktischer Beispiele, wie Menschen „ohne Geschichte” vom Rand in die Mitte von Geschichtsdarstellungen, Präsentationen, Jubiläen etc. gerückt werden können. Als Workshop regt er an, in Heidelberg oder anderenorts einzugreifen, zu kritisieren und die Stadt(-geschichte) zu verändern.

 

“Heraus mit dem Frauenwahlrecht!” Geschichten zum 100 jährigen Frauenwahlrecht

Ein Vortrag zum Internationalen Frauentag am 8. März 2018

Es waren viele Feministinnen, die  für das Frauenwahlrecht kämpften, bis es für das untergehende Kaiserreich 1918 „billiger“ war, den Geschlechterkrieg zu befrieden, als die soziale Frage.Quasi über Nacht wurden Frauen zu „mündigen Bürgerinnen“.

Zum 100jährigen Jubiläum stellen sich Fragen wie:  Wer waren die Akteur*innen? Mit welchen Mitteln haben sie gekämpft? Und wie kam es, dass die Heidelbergerin Dr. Marie Baum zur Mutter der Weimarer Reichsverfassung wurde?

 

lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt HD-LU-MA

Die lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt Heidelberg-Ludwigshafen-Mannheim forscht nach Zeugnissen von Menschen, die – der Liebe wegen – unsichtbar waren, die gesellschaftlich ausgegrenzt wurden und vielfaches Leid erlebt haben.

Die Geschichtswerkstatt sucht nach Zeitzeug_innen, die ihre Geschichte(n) von “Lieschen Habenichts und Otto Jederfrau” erzählen. Die Geschichtswerkstatt dokumentiert Repressionen und die Formen von Diskriminierung, die Menschen erleb(t)en, besonders jene, die jenseits der männlichen und der heterosexuellen Norm lebten. Die LS-Geschichtswerkstatt sichert Quellen und Nachlässe vom queeren Leben, seien dies Materialien von Menschen oder von Vereinen.

Die lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt wurde  2011 von der Fachhistorikerin Ilona Scheidle gegründet. Im Rahmen des Mannheimer Aktionsplans für Toleranz und Akzeptanz initiierte die Gründungsfrau des CSD-Rhein-Neckar die Geschichtswerkstatt als ein Projekt im CSD-Rhein-Neckar e.V.  und leitet sie seither.

So entstanden Interviews mit Zeitzeug_innen und  Stattpunkte zur Mannheimer Geschichte für Napoleon Seyfarth und zu Elisabeth Schmidt.

 

2016: “queer in the city – Mannheim”. Der Stadtrundgang startet in N 1 beim Empfang der Stadt mit queeren Leuten aus Haifa.

Beliebt sind die Stadtrundgänge zur queeren Geschichte in Mannheim, Heidelberg und anderen Ortes. Für Mannheim kann der Klassiker “Queer in the City”® über das Touristinformationszentrum am Willy Brandt Platz 5 gebucht werden. Der Rundgang entstand 2007 zum Mannheimer Stadtjubiläum. Mit seiner mehr als zehn jährigen Geschichte feiern die Leute  vom Rundgang-Team 2017 ihre zehn jährige Geschichte  als Traditionsinstitution.

Großen Zuspruch finden die offenen FilmAbende mit anschließender Gesprächsrunde. 2013 gestartet, führen sie zu vielfältigen Begegnungen:  Einmal trafen sich Mannheimer_innen, Gäste aus der Pfalz, Opa, Schüler_innen, Professorin, queerer Refugee, ex-Rechtsradikaler, JUngLEsben, Gipfelstürmer, DELTABOYS und weitere Geschichtsfreund*innen. Im Anschluß gab es eine lebendige Diskussion über Ausgrenzung, -serfahrungen und zivilgesellschaftliche Befreiungswege. 2013 begann Staffel I in Kooperation mit PLUS e.v., zwischenzeitig folgten andere Kooperationen, etwa mit dem Stadtmuseum Ludwigshafen (“Vom anderen Ufer”). Aktuell laufen die FilmAbende in Zusammenarbeit mit Mannheim und Safia (Selbsthilfe alleinlebender Frauen im Alter) und Freundinnen Rhein-Neckar.

(C) Mobiles Archiv L

Die Lesbisch-schwule Geschichtswerkstatt Heidelberg-Ludwigshafen-Mannheim ist vernetzt mit der SchLIMm Schwul-Lesbische Initiative Mannheim – offenes Netzwerk für  Lesben, schwule, transgender, trans-, inter- und bisexuelle sowie queere Menschen in Mannheim, mit dem Queeren Netzwerk Heidelberg. Sie ist Gründungsinitiative des Landesnetzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg. Ihre Leitung ist im Fachbeirat zum Landesaktionsplan “Für gleiche Rechte und Akzeptanz” Baden-Württemberg.

In Bewegung.

Heidelberger Lesbengeschichtslauf. 40 + mehr Jahre Zeitgeschichte
Kein Ort ohne Geschichte. Kein Ort ohne Lesbengeschichte. Das belegt die Heidelberger Stadtgeschichte. Der Stadtspaziergang erzählt von den Anfängen der Neuen Frauenbewegung, vermittelt mit Quellen die Geschichte des „lesbian out and proud“. Es  ist ein breites Spektrum lesbischer Kultur, politischer Kämpfe, Siege und Niederlagen. Der Rundgang endet mit einer bunten Mischung aus Quiz-Fragen und anderen Überraschungen.
Zeitzeuginnen des Lesbenfrühlingtreffens von 1994,  der Regenbogenparade von 1979, der Come OUT Aktion von 1995 oder des Frauencafe Heidelbergs werden speziell begrüßt.
Sonntag 9. Juli 2017, 14.30 Uhr, Treffpunkt Kornmarktmadonna Heidelberg Altstadt, UKB

Queer in the city

Stadtspaziergang zur queeren Geschichte Mannheim
2. Juli 2017,
Sonntag 14.30 Uhr, Frauenbuchladen Xanthippe T 3,4 Mannheim

Die  stadthistorische Spurensuche durch Mannheim beleuchtet einen bunten Strauß an Leben – von namhaften und namenlosen Menschen, von befreienden Bewegungen, von Verfolgung, Terror, rhythmischer Sinneslust und anderem mehr. Zu sehen sind neue und vertraute Orte, die mit queerfeministischen Perspektiven angefragt werden. Nach dem Hören und Sehen, können Törtchen im Cafe gegessen werden. UKB

 

Glamour for breakfast

Spaziergang zur Geschichte von Frauenliebe in Heidelberg
13. August 2017, 14.30
Treffpunkt Karlsplatz Heidelberg, Hauptstraße 209, ca. 2 h

Welche Spuren haben Freundinnen in der 800 jährigen Stadtgeschichte hinterlassen? Belegbar sind Frauenbeziehungen in Heidelberg ab dem 14. Jahrhundert. Ihre Geschichte haben Sie auf Gräbern,  in Briefen, Gedichten und anderer Kunst überliefert. Freundinnen sind Mieterinnen, Hausbesitzerinnen, Kolleginnen und Tänzerinnen. Mit der Neuen Frauenbewegung treten lesbische Frauen an die Öffentlichkeit und entdecken ihre Geschichte und beginnen sie zu vermitteln. UKB

Frauen in Heidelberg Stadtspaziergang mit der Autorin von „Heidelbergerinnen, die Geschichte schrieben

„Heidelbergerinnen, die Geschichte schrieben“ erschien vor zehn Jahren. Die 800jährige Frauenstadtgeschichte Heidelbergs wird in siebzehn Portraits verdichtet vorgestellt. Mit neuer Perspektive erzählt die Autorin am Beispiel namhafter wie auch unbekannter Frauen von deren Leben und zeigt dabei: So idyllisch, wie die Stadt am Fluss heute mit ihrer romantisch gelegenen Schlossruine gesehen wird, war das Leben nicht. In der Regel waren viel Kraft und Ausdauer nötig, damit die Heidelbergerinnen ihre Ziele erreichten. Die Portraits der außergewöhnlichen Frauen machen Mut und zeigen die starke weibliche Seite der Stadt. Die Autorin bringt wenige Restexemplare des vergriffenen Klassikers mit.

Der Spaziergang legt mit Blick auf den Internationalen Frauentag am 8. März den Fokus auf pfiffige Kämpfe und politische Gewinne. In Kooperation mit der Lesbisch-Schwulen Geschichtswerkstatt Heidelberg-Ludwigshafen-Mannheim.

Anmelden bei der VHS HD,  Kurs  1110, UKB 10,- €

Sonntag, 19.03.2017 um  14:30–16:30 Uhr

Treffpunkt wird bei Anmeldung  durch die VHS bekannt gegeben.

https://www.vhs-hd.de/programm/gesellschaft.html?action%5B93%5D=category&cat_ID=516-CAT-KAT3375707#cnt

Ein queerfeministischer Friedhofsrundgang auf dem Alten St. Matthäus Kirchhof, Berlin

Der Alte St. Matthäus-Kirchhof in Schöneberg ist ein Berliner Baudenkmal der eigenen Art: Mehr als 150 Jahre alt, sind dort zahlreiche historische Grabstätten versammelt. Durch Grab-Patenschaften etwa können viele alte Gräber erhalten, zum queeren Gemeinschaftsgrab,  zur lesbischen Grab-WG und dergleichen umfunktioniert werden. Namhafte und weniger prominente Menschen finden dort ihre letzte Ruhe:  Gertrud Sandmann, Rio Reiser, Reingard Jäkl, Babette Herchenröder, May Ayim, Andreas-Hanno Meyer, Kitty Kuse, Ottilie Hansemann, Napoleon Seyfarth, OVO und viele weitere  Menschen, die jenseits  weißer, zweigeschlechtlicher Standardisierungen lebten.
Zu finden ist auch die Ruhestätte von Hilde Radusch, die seit  2016 ein Berliner Ehrengrab ist. Mit  ihr wird erstmals eine Frau für ihr widerständisches Wirken in kommunistischen und in lesbischen Kreisen honoriert und  posthum zu Berlins erster Botschafter_in für das Motto „we are Berlin – we are queer.“
Der Friedhofsrundgang ist  im Rahmen des “queer-history months Berlin”.
Samstag den 25.Februar 2017
Treffpunkt: Friedhofseingang, 14 Uhr – 1,5 Stunden, Spenden willkommen.
St. Matthäus Kirchhof:  U/S Bahn Yorck-Straße /Großgörschen

Hilde Radusch eine (queere) Biografie (1903-1994)

Hilde Radusch war Frauenrechtlerin, antifaschistische Widerstandskämpferin und streitbare Politikerin für die Akzeptanz lesbischer Frauen. Sie gehört zu den herausragenden Persönlichkeiten der lesbisch-schwulen Emanzipationsbewegungen des 20. Jahrhunderts.

Ihr Lebensweg erschließt in Schrift, Ton und Bild die Biographie einer frauenliebenden Frau des 20. Jahrhunderts, die zeitlebens die herrschenden Macht- und Geschlechterverhältnisse reflektierte und kritisch mit viel Eigensinn kommentierte:

„Ich hab’ mich nie als Frau gefühlt, aber frag’ mich nicht als was sonst.“

Intellektuelle Konzepte und Utopien alleine reichten Hilde Radusch nicht aus; sie suchte Alternativen und lebte diese. Mut, Entschlusskraft, Plan und Strategie zeichnen ihre Lebensstationen aus, die jenseits von Konvention, Subkultur und Partei lagen, und sie zeitlebens und posthum weit über Berlin hinaus bekannt machten, etwa mit der L 74, der Lesbengruppe L 74 und ihrer Arbeit in der Zeitung UKZ, Unsere kleine Zeitung, der ersten Lesbenzeitung nach 1945.

Radusch war eine passionierte Schreiberin. Durch ihr bürgerliches Elternhaus und durch ihre bürgerliche Erziehung zur höheren Tochter, war ihr – sowohl vom Vater als auch von der Mutter – die Praxis des Tagebuchschreibens, das durch seine tägliche Übung disziplinierte, ein vertrauter Alltag. Doch auch andere Gattungen des schriftstellerischen Gewerbes nutzte sie für ihre verschriftlichte Kommunikation mit der Welt, seien dies Novellen, Gedichte oder journalistische Texte.

“Ich mit meinen fünf Leben”

Berliner Kolloquium zur Geschichte der Sexualität – 2017

am 15. Februar 19-20.30 Uhr  MÖohrenstraße 40/41, Berlin Mitte ,  HU – außereuropäische Ethnologie/ EKW – Raum 311