Ausstellungsbesuche

Passend zum 100 jährigen Da-Da-Jubiläum holte die Kunsthalle Mannheim DIE deutsche DaDa-Künstlerin nach Mannheim und stellt ihr Werk aus: Hannah Höch. Das  ist wirklich wunderbar.

Gekonnt werden die historischen Bezüge der modernen Kulturpolitik  in der Kunsthallen-Ära von Gustav Hartlaub aufgegriffen und die befreiende Wirkung von Kunst mit dem Werk von Hannah Höch verbunden. Der für die Ausstellung  extra erstellte Katalog würdigt Höch wohlverdient als Ausnahmekünsterlin und darüber hinaus  – nahezu erstmals – das Spätwerk der Wahlberlinerin. Auch das ist wirklich wunderbar.

Leider – was soll da schön geschrieben werden – glückte es nicht, die Herausforderungen die der Umbaus der Kunsthalle Mannheim mit sich bringt, gelingend mit dem Ausstellungskonzept abzustimmen.  Die  Besucher_innen werden vom Haus am falschen Platz gefordert, wenn die Wege unklar sind und es Mühe macht herauszufinden, wo der Anfang ist, der rote Faden in der Ausstellung,  die Raumfolge und das Ende der Ausstellung.

So gewinnend die Textbeiträge im Katalog sind, scheinen Katalog,  Hand-Outs der Ausstellung, Texte in der Ausstellung und die Hängung der Werke leider nicht miteinander zu korrespondieren. Möglicherweise leitete ein Audioguide, doch nicht jedes Ohr oder jede Frisur verträgt die Stöpsel, und wollte die Ausstellung nicht selbsterklärend sein?

Schade ist auch, dass die Lichtführung und Hängung nicht genutzt wurde, um alle Werke so auszuleuchten, dass  Betrachten einlädt und Entdeckungsfreude am Werk  geweckt wird  –  wer will schon seinen Hals akrobatisch recken, um dem Spiegeln durch die Bilderrahmung zu entkommen – Giraffen sind im Zoo,  im Museum nur auf und nicht vor dem Bild.

Dennoch – offene Fragen nach Ausstellungsbesuchen fördern das Profil von mündigen Kulturfreund_innen, schließlich regen sie an, ungestellte Themen selbst zu beantworten. Etwa:
Wie bewältigte Hannah Höch ihr Alleinsein als weibliche Kunstschaffende im Kreise der gigantomanischen DaDa-Männer? War sie mit den Züricherinnen im künsterlischen Austausch? Ist ihre schneidende Ironie ihre Kritik am untergehenden Kaiserreich und an den aufstrebenden Parteimänner der Weimarer Republikam eine Kritik am männlichen Geschlecht ? Stellt die Collage als künstlerische Technik ihre Antwort auf männliche Geniekonzepte dar? Reflektieren Arbeiten der Weimarer Zeit ihre Abtreibungen, die sie – vom Nichtvater Raoul Hausmann gewünscht – vornahm? Wie findet die langjährige Liebe zur holländischen Schriftstellerin Til Brugmann ihren Niederschlag im Werk von Hannah Höch? Welche Magie führte zur Verbindung und Heirat mit ihrem ehemann? Welchen Austausch pflegte Hannah Höch mit ihren Zeitgenossinnen, kannte sie ihre Stadtteilnachbarin Rosa Luxemburg und begegnete sie den lesbischen  Künsterlinnen Jeanne Mammen, Gertrude Sandmann oder der Chansoniette Claire Waldoff?

Dennoch – allein die Originale von Hannah Höch in Mannheim zu sehen ist ein lohnender Gewinn, weckt die Reiselust nach Berlin, um weitere wichtige Werke von Hannah Höch zu sehen. Bis dahin macht es Spaß , sich bis August 2016 in Mannheims Kunsthalle  in die DADA-Collage selbst manuell einbringen zu können.